Mit Hilfe der einschlägigen sozialwissenschaftlichen Variablen „Lebensalter“ und „Soziale Lage“ (Bildung, Berufliche Position, höchster Bildungsabschluss) ließe sich schon ein robustes Milieumodell entwickeln. Auf diese Weise hat Gerhard Schulze die „Erlebnismilieus“ konzipiert. Da sich das Leben und die Alltagsrealität aber nicht in so starren Kategorien einbinden lassen, müssen bestimme Kriterien definiert werden, mit deren Hilfe die beiden Hauptdimensionen „Ausstattungsniveau“ und „Modernität / Biografische Route“ operationalisiert werden. Otte benennt folgende Kriterien für das zu entwickelnde Messinstrument:
Die Variable sollte
- auf der Ebene der subjektiven Verarbeitung der sozialen Lage und nicht auf Lageebene selbst angesiedelt sein.
- inhaltlich mit den Dimensionen der konzeptionellen Typologie korrespondieren.
- die Dimensionen der Typologie unabhängig voneinander erfassen, d.h. mit der jeweils anderen Dimension gering zusammen hängen.
- innerhalb des Lebensbereichs Freizeit/Kultur/Konsum konkretisiert werden oder bereichsübergreifende Grundprinzipien der Lebensführung abbilden.
- verhaltensorientiert oder verhaltensnah formuliert werden.
- personalisiert, auf die eigene Lebensführung bezogen sein (Ich-Aussagen).
- von allen Befragten in einer allgemeinen Umfrage beantwortbar sein: alle Individuen betreffen und allgemein verständlich sein.
- in der Ausprägung Skalierung gleichgewichtig sein (Likert-Skala mit vier Ausprägungen).
- zeitlich invariant sein.
- erfahrungsgemäß auch in den Extremantwortkategorien beantwortbar sein (da sonst die Randbereiche der LFT durch den Summenscore schwach besetzt werden). (vgl. Otte, S. 139)
Die Anzahl der Variablen sollte zudem bezüglich der gesamten Anzahl im Frageinstrument überschaubar sein: So viele wie nötig, so wenig wie möglich.
Ein Teil der Variablen aus dem Otte-Modell aus 2004/2005 entsprach nicht mehr diesen Kriterien; insbesondere die Medien-Varable „Zeitungslektüre“ hat die zeitliche Entwicklung überholt, da die Auflagen ständig zurückgehen und neue mediale Formen der Wissensaneignung (Apps) aufgekommen sind (Kriterium „zeitliche Invarianz“). Es zeigt sich besonders im Rahmen theologischer bzw. religionssoziologischer Forschung, dass die Variable „ich halte an christlichen Traditionen fest“ die Befragten zu sehr in den traditionellen Bereich „rutschen“ lässt – obwohl sie es eigentlich gar nicht sind (Kriterium: alle Individuen betreffend). Die Bertelsmannstiftung stellt im Religiosmonitor fest, dass Religiosität kein lebenszyklischer Alterseffekt ist (Je älter man wird, desto religiöser wird man), sondern Kohorteneffekte dahinter stehen. Es zeigte sich in unseren Explorationen ebenfalls, dass Einstellungsstatements aus dem Informations- und Kommunikationsbereich zwar stark mit dem Lebensalter zusammenhängen, jedoch auch mit der sozialen Lage korellieren (Kriterium: Zusammenhang mit nur einer Dimension).
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