Der Soziale Raum

Beide Dimensionen, Ausstattungsniveau und Biografsiche Route, ergeben als Matrix einen zweidimensionalen sozialen Raum. Zu beachten ist, dass hinter dieser Matrix die genaue Analyse zahlreicher Milieumodelle steckt. Damit kann man sagen, dass wir hier eine Meta-Typologie haben, ein integratives Modell, in das andere Milieumodelle „eingelesen“ oder wie Folien übereinander gelegt werden können. Darin steckt Pierre Bourdieu in sofern drin, weil die Eigenschaft des Kapitalvolumens räumlich sichtbar wird (gehobenes, mittleres und niedriges Volumen). Der Lebenslauf und die jeweiligen Etappen bilden die horizontale Achse und unterteilen die drei sozialen Schichten in insgesamt zwölf Felder: die einzelnen Milieus.

Damit haben wir ein differenziertes Modell der Gesellschaft in der Bundesrepublik Deutschland. Die Antworten zu den jeweiligen Dimensionen werden in Zahlwerte übersetzt und dann als Summenscore an der jeweiligen Achse abgelesen. Für die Linien gibt es empirisch ermittelte Zahlwerte, die als Grenzziffern dienen (s. Erläuterungen im Manuskript unter „Downloads“).

LFT-Grafik2015_SozialerRaum.jpgSchärfe und Unschärfe

Das Modell der Lebensführungstypologie besticht durch seine Schärfe: Die so genannte „Unschärferelation der Alltagswirklichkeit“ schlägt sich in der Lebensführungstypologie dadurch nieder, dass wir in der Messung nicht die soziodemografischen „Hard Facts“ erfragen (Alter, Einkommen usw.), sondern die subjektive Verarbeitung der sozialen Lage (Kapitalsorten) und der biografischen Route (Modernität/Tradition) stark machen.

Erst in der Zuordnung sind dann die befragten Personen exakt einem Typus/Milieu zuzuordnen. Milieuzugehörigkeit hängt eng mit sozialer Ausstattung und Lebensalter zusammen – aber nicht ausschließlich. Biografische Brüche werden genauso berücksichtigt wie längerfristige Wertevorstellungen, die sich in Alltagsverhalten niederschlagen.

Grenzen des statistischen Milieumatching anderer Modelle

Andere Milieumodelle arbeiten mit statistischen Wahrscheinlichkeitszuordnungen zu bestimmten, qualitativ generierten Idealtypen. Das heißt, dass offenbar die jeweiligen Antwortprofile der Befragten mit den Idealtypen (also den Muster-Antwortprofilen für Performer, Etablierte, Traditionelle etc.) mathematisch abgeglichen werden und dem Typ zugeordnet werden, zu dem sie am ehesten passen. Die Zuordnung geschieht auf Basis eines gewählten Algorithmus und ist am Ende nicht sichtbar oder beeinflussbar, weil das Statistikprogramm diese Zuordnung nach den angewählten Einstellungen selbst vornimmt. Bei einigen Modellen / Anbietern sind sowohl die Musterprofile als auch der Zuordnungsalgorithmus nicht transparent.

In unserem Modell scheidet auch der empirische Unsicherheitsfaktor der Clusteranalysen aus. Dies war seinerzeit bereits ein wichtiges Anliegen Gunnar Ottes, denn eine Clusteranalyse mit einem Statistikprogramm ist immer abhähngig von der Qualität der Eingabedaten. Man kann in SPSS eine Vielzahl an Zuordnungs-Prozeduren wählen. Damit ist eine Clusteranalyse immer abhängig von den (willkürlichen) Entscheidungen der Forscher bzw. der Auswahl der Algorithmen. Und am Ende kann man die Clusterverfahren im Berechnungsprozess nicht kontrollieren oder beobachten. Das Statistikprogramm ist hier eine „Black Box“. Daher sollte Clusteranalysen eher mit Vorsicht genossen werden.

Natürlich können Clusteranalysen Hinweise auf Strukturen in Grundgesamtheiten anbieten. Die Fachleute empfehlen zumindest immer die Prozedur des Matching, also des Abgleichs  vorher generierter Profilen. Nur sollten diese Profile auch zum einen realitätsgerecht sein (also qualitativ ermittelt) und zugleich auch sozialwissenschaftlich-theoretisch fundiert sein.

Mathematische Kenntnisse aus dem 6. Schuljahr

Die Milieudiagnose der Lebensführungstypologie kommt ohne Clusteranalysen aus. Es reichen mathematische Grundkenntnisse der Klasse 6. Man benötigt auch keine Statistikprogramme. Nur bei einer größeren Zahl an Befragten ist es hilfreich, Tabellenprogramme hinzuzziehen. Natürlich kann man auch mit SPSS o. ä. arbeiten, vor allem, um später mit Hilfe der Typologie Ziegruppenanalysen vorzunehmen. Aber für die eigentliche Milieudiagnose reichen ein Blatt Papier und Kopfrechnen. Näheres hierzu im Manuskript unter „Downloads“. Dort wird die simple Prozedur erläutert.

Wir bieten auch ein SPSS-Tool an: Eine Variablendatei sowie einen Befehlssyntax zur Erstellung der beiden Indizes und der Milieuvariable. Gerade für große Datenmengen eignen sich diese Hilfsmittel.

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